Foodcamp Franken, Teil III
Mit fremden Dialekten habe ich leichte Probleme. So richtig
sympathisch sind mir die wenigsten. Als gelernte Linguistin kann ich mir das
verzeihen, denn ich weiß, dass solche Gefühle sehr tief sitzen. Da kann man
meist nicht viel machen. Trotzdem gelingt es gelegentlich, den inneren Widerstand
zu überwinden und in totale Sympathie und Begeisterung umschlagen zu lassen. Es
muss einfach nur ein Mensch kommen, der umwerfend herzliche und sympathische
Worte in einer fragwürdigen Mundart formt. Dann ist alles gut.
Der Fränkische Sound hat sich seit dem Foodcamp Franken in
meinen Ohren grundlegend verändert. Begeisterte und strahlende Franken
begegneten uns mit einer Offenheit und Herzlichkeit, mit der ich gar nicht
gerechnet hätte. Kein einziger zeigte
Hemmungen, eine Horde Fremder in sein Haus zu lassen. Überall durften wir schamlos
alles ansehen, schmecken, riechen und anfassen. Am dritten Tag sollten wir auch
noch einen Bäcker kennen lernen, der den Dialekt auf seine Brottüten schreibt
und so die ganze Welt fränkische Vokabeln lernen lässt. Das mit der ganzen Welt
ist sicherlich keine Übertreibung, denn wer Panettone nach Italien schickt, um
dessen Backwaren reißen sie sich bestimmt woanders auch.
Die Umstände hätten gerne weniger ungünstig sein können,
denn wir trafen
Arnd und Michaela Erbel nach längerer Busfahrt, auf nüchternen
Magen. Der Samstagmorgen war für die meisten von uns etwas zu früh gekommen und
so spuckte der Bus eine Ladung hungriger Zombies in Dachsbach aus, die sich
alsbald in der kleinen Küche der Backstube um einen kahlköpfigen Franken im
Unterhemd scharten. Jeder Platz, der um uns und den Freibäcker herum noch zur
Verfügung stand, war mit Backwerk ausgefüllt. Blecheweise Plunderteilchen mit
weißem Mohn und Marzipan, Plunderteilchen mit Nürnbergern und Kraut, kleine Croissants.
Früchtebrot, Brötchen, fluffiges Brioche, Sauerteigbrot… mir kommen die Tränen
vor Sehnsucht, während ich das schreibe.

Und dann sprach Arnd Erbel die Worte, die das Fränkische bei
mir für alle Zeiten auf die Hit-Playlist setzten: „Alles, was hier so rumsteht,
dürft ihr euch nehmen und aufessen“. Wahrscheinlich hat er das irgendwie anders
gesagt, aber die Aussage war klar und deutlich. Ich versuchte
höflichkeitshalber noch darauf hinzuweisen, dass wir keine Gefangenen machen,
aber das ging im allgemeinen Schmatzen schon unter.
Inzwischen ist viel geschrieben worden, über diesen
denkwürdigen Aufenthalt in Dachsbach. Über den sagenhaften Geschmack von
Biogetreide aus der Umgebung, über handgeknackte fränkische Walnüsse, über den
Bäcker, der mit seinem Sauerteig ins Kino geht und der noch nicht einmal im
Laden einen Hinweis darauf angebracht hat, dass bei ihm alles Bio ist. Michaela
und Arnd bewirteten uns als wären wir alte Freunde. Fast zerreißt mir das Herz,
weil wir diesen Ort wieder verlassen müssen. Doch die Trennung war nötig, denn wir wären sicherlich
alle nach einander geplatzt.
Kurz bevor ich in den Bus steige, erwerbe ich noch eine
Packung Lebkuchen. Zum Glück habe ich das weiche Nussgebäck nicht gleich beim
Freibäcker gekostet, denn sonst hätte ich mich irgendwo dort festketten müssen,
damit mich niemand mehr aus der Backstube entfernen kann. Es handelt sich um
eine andere Dimension von Lebkuchen, die nichts mit allen anderen Lebkuchen auf
der Welt zu tun hat, - einfach gar nichts!
Heute gab es ein glückliches Wiedersehen, denn der Postmann
hat mir ein Paket vom Freibäcker gebracht. Ein paar Fränkische Vokabeln hat
Arnd Erbel auch mit reingepackt. Wenn sie sich so verbreiten wie seine
Backwaren, dann reden hier demnächst alle Fränkisch.
Wie sich das im Originalton anhörte, als Arnd uns in seiner Backstube begrüßte, kann man
beim Küchen-Funk nachhören!
Alle Links zum Foodcamp Franken 2014
Foodcamp Franken 2014 fand vom 16. - 19. Oktober 2014 mit Basis in Nürnberg statt. Die Reise wurde organisiert von Florian Bailey, Torsten Goffin, Anja Reinhardt und Claudia Hinnerkopf (beide Bayern Tourismus Marketing GmbH). Allen, die diese Reise möglich gemacht haben, danke ich auf Knien. - Nicht nur, weil die Kosten dieser Reise von Bayern Tourismus Marketing übernommen wurden. So viel Liebe und Herzblut wie in dieser perfekt organisierten Veranstaltung steckt, kann man sowieso nicht in Zahlen ausdrücken. Darüber hinaus danke ich den fleißigen und ehrlichen Handwerkern, die uns ihre Stuben, die Wurstküche, die Backstube, ihre Keller und ihre Weinberge geöffnet haben, und die uns am Samstag in Nürnberg besuchten!